Kanada 2017 – Reisetagebuch

Vorwort:

Ich hatte mir während dieser Reise alles von Hand in einem Notizbuch aufgeschrieben und zusammen mit den Tickets, dem Pass nach meiner Rückkehr in einem Schrank verstaut. Bis ich im Internet zwei Jahre später auf den Blogger Peter traf. Peter ist bekannt unter dem Namen «Spaziergänge mit Hilde». Und plötzlich hatte ich den Drang, meine Reise zusam-men mit meinen Bildern aufs Papier zu bringen. Die Bilder aus denen ich bis jetzt nur die besten rausgesucht hatte. Aber die meisten hatte ich noch nicht mal entwickelt. Peters Schreibstil hat mich in eine Welt entführt die als Hobbyfotografin schon lange vergessen habe. Die Welt der Worte. Etwas aufzuzeigen in Worten und Gefühle auszudrücken und Stimmungen beschreiben, das kann ein Foto eher weniger.

Mein Reise-Bericht ist sehr persönlich. Es geht hier nicht unbedingt um Sehens-würdigkeiten, wir haben auch nicht unbedingt gross Sehenswürdigkeiten angeschaut,  sondern eher um mich persönlich. Wie habe ich die Reise erlebt, was hat die Reise mit mir angestellt und was hat sich bei mir dadurch verändert. Als verpeiltes Glarner Landei mit Kontrollticks bin ich saumässig nervös.

Mein grösster Dank gilt natürlich meinem Paps der mich auf das Abenteuer eingeladen hat und Marlies die mich ertragen hat in dieser Zeit. Und Amarok der seine Rückbank mit mir geteilt hat und mich in der kältesten Nacht dieser Reise plötzlich gewärmt hat. Danke auch meiner Tochter die sich die drei Wochen um die Katzen und sich selber gekümmert hat. Was hatte ich mir da für unnötige Sorgen gemacht. Loslassen muss ich noch lernen.

Und nun Peter. Danke Peter für die Inspiration die Du mir geschenkt hat. Ich werde weiterhin deine wundervollen Geschichten verfolgen und hoffe, irgendwann auch mal so ein Leben, ähnlich wie Deines führen zu können. Unabhängig von Ballast und Unwichtigem mit dem wir uns täglich umgeben und meinen es zu brauchen. Reduziert auf das Nötige und auf das was der Seele und dem Herzen guttut.

Lange hats nun gedauert, mein PC hatte den Geist aufgegeben, dann waren alle Programme plötzlich neu ich kam sehr schlecht zugange. Nachdem ich  nun meine Webseite komplett geschrottet hatte weil mich mein Anbieter auf schädliche Daten hingewiesen hatte, nahm ich das zum Anlass die Geschichte endlich zu «Papier» zu bringen. 

 

Abflug, Dienstag 08. August 2017

Gestern hab ich noch gearbeitet und mir auf dem Heimweg übelste Blasen an den Fusssohlen geholt (man läuft aber auch nicht barfuss bei 30 Grad auf dem Asphalt heim). Das macht mir nun etwas Angst, immerhin werden wir die nächsten drei Wochen viel zu Fuss unterwegs sein. Schnell noch Blasenpflaster und Merfen organisiert.

Und heute, heute ist es endlich soweit. Ich fliege zum ersten Mal so richtig in die Ferien. Es fühlt sich immer noch unreal an. Die letzten Stunden vor der Abreise vergehen im Zeitlupentempo. Endlich – 13.30 fährt mein Zug Richtung Flughafen. Draussen hat es 18 Grad und es nieselt vom trüben Himmel und ich bekomme trotzdem Schweissausbrüche beim Billettautomaten. Als Autofahrer ein Bahn-Billett zu lösen ist gar nicht so einfach. Anyway, ich ziehe meinen Pullover aus und just in dem Moment fährt nun mein Zug ein. Mit meinen 17-Kilo-Koffer, dem Fotorucksack als Handgepäck und einer Handtasche, die Kamera hatte keinen Platz mehr im Handgepäck steige ich ein. Die SBB hat schon auf Winter eingestellt – die Heizung läuft auf Hochtouren. Was kann ich noch ausziehen?

Endlich treffe ich auf meine Reisebegleitung, Marlies, die Lebenspartnerin meines Vaters. Ich glaub alleine hätte ich diesen Flug nicht gewagt. Als Glarner Landei das noch nie weiter als Südfrankreich gekommen ist so eine Reise ein spezielles Unterfangen. Aber Marlies ist in Punkto Fliegen ein alter Hase. Dass das nicht vor Pleiten und Pannen schützt sollten wir bald erfahren.

Auf dem Weg zum Flughafen schiessen mir 1000 Dinge durch den Kopf. Hier verweise ich auf mein Vorwort – Kontrollticks! Ich habe eine Salatgurke im Auto vergessen. Das Auto steht nun drei Wochen in der Werkstatt und die Gurke wird wohl solange vor sich in schimmeln. Mist.

Flughafen Kloten – endlich. Und schon das erste Problem, offenbar ist das Visum von Marlies ungültig. Dies erfahren wir nach ewigen Anstehen am Check-In. Dieses Problem hat nun Priorität. Am Flughafen gibt einen Schalter wo man so ein Visum noch kurzfristig online beantragen kann. Wenn dann jemand des Personals dort Lust dazu hat. Nach einer halben Stunde Warten hat sich dann endlich jemand bequemt. Es ist ja nicht so dass die Leute am Flughafen es eilig hätten haben können.

Im Hinterkopf rumort ein Problem. Ich wollte noch Geld abheben weil ich bis jetzt nicht dazugekommen bin und ich nicht weiss wann ich das nächste Mal dazu komme. Jenu, wie wir Glarner sagen, das muss jetzt halt warten.

Marlies hat nun Ihr Visum noch bekommen und pünktlich um 17.15 hebt unser Flieger ab. Drei Sitzreihen. Das Flugzeug ist riesig. Ich hab dank meiner kurzen Beine gut Platz und richte es mir gemütlich ein.

Irgendwann gibt’s zu essen und nachdem ich noch ein bisschen sinniere was da auf mich zukommt, hat mich dann der Schlaf übermannt. Die Zeit wird gerade unwichtig. Irgendwann fliegen wir über Island und einen Teil von Grönland. Wundervoll wie die Welt hier in diesem Teil der Welt von oben aussieht. Unberührt und unbewohnt.

Der Flug selber verläuft sehr ruhig aber irgendwann werde ich hibbelig. Solange Sitzen ist dann doch nicht so mein Ding. Und ich würde so gerne eine Rauchen.

Um 17.00 landen wir in Vancouver. Die Luft riecht verbrannt und Rauch hängt schwadenartig über der ganzen Stadt. Die schon länger andauernden Waldbrände waren schon vom Flieger aus zu sehen und haben mich seltsam traurig gestimmt. Wie können einem Bäume leid tun? Meine Empathie auch Pflanzen gegenüber nimmt seltsame Züge an.

Der Flughafen Vancouver kommt mir vor, als sei er in den 70-ern stehengeblieben. Überall Teppichböden. Im Flughafen. Wie unpraktisch. Nach endlosen Gängen und Kontrollen stehen wir vor weissen Geräten. Pass- Gesichts und Fingerscan. Ich hab noch nie in meinem Leben sowas gesehen geschweige denn benützt. Kalter Schweiss bricht mir aus allen Poren. Lustigerweise klappt bei mir alles während rundherum die Leute fluchen und Hilfe benötigen. Ha. Also bin ich doch nicht so ein Landei. Ich lache leise in mich hinein.

Nach der erfolgten Kontrolle, wir sind sauber und dürfen einreisen, geht’s nach draussen. Wir übernachten in einem privaten Bed & Breakfast in Richmond das etwas weiter draussen in einem Aussenbezirk von Vancouver liegt. Mit dem Taxi fahren wir zu dem Anwesen. Wir sind nicht alleine aber es ist ruhig und ein paar Stunden Schlaf haben wir beide nötig.

Mittwoch, 09. August, Transfer zum Flughafen Vancouver

Das Frühstück am nächsten Morgen fällt sehr dürftig aus. Die Milch im Kühlschrank ist geronnen, Brot gibt’s nicht, also gibt’s schwarzen Kaffee. War wohl nichts mit Bed und Breakfast, Bed hätte gereicht. Aber ich will mal nicht so kleinlich sein. Mit dem Taxi wieder zum Flughafen. Stau, Gestank, Rauchschwaden. Erneutes Einchecken per Maschine. Und dann, die Suche nach dem Boarding-Pass von Marlies. Der muss irgendwo beim Koffer beschriften runtergefallen sein. Ich muss mir das Lachen verkneifen und irgendwie bin ich auch ein bisschen stolz. Das Landei hat alles immer schön in die Handtasche gepackt. Zum Glück finden wir die Papiere wieder und können endlich in die kleine Maschine einsteigen die uns in ca. zwei Stunden nach Whitehorse fliegt. Der Flugbegleiter der uns bedient ist irgendwie zu gross und muss uns in gebückter Stellung den Kaffee bringen. Ich esse M&M’s und sehe wieder die Welt von oben. Wälder, schneebedeckte Berggipfel und wunderbare blaue Seen. Irgendwie fast wie Zuhause.

Mittags kommen wir in Whitehorse an. Hier warten mein Paps und Amarok der Hund schon sehnsüchtig auf uns. Die drei haben sich schon lange nicht mehr gesehen da Paps mittlerweile die Hälfte des Jahres hier rumreist, arbeitet und wohnt. Amarok, der wunderschöne Malamut ist für kurze Zeit der Mittelpunkt der Ankunftshalle. Er jault, quitscht, wälzt sich vor Freude am Boden und ist völlig ausser sich. Also eigentlich ist er ja immer der Mittelpunkt, egal wo man ist. Obschon solche Hunde in Kanada verbreitet sind, scheint es doch für viele Leute ein spezieller Anblick zu sein. Paps könnt eigentlich etwas nebenbei damit verdienen wenn jeder der ein Foto macht einen Dollar bezahlt.

Nachdem wir die Koffer gefasst haben, geht’s endlich nach draussen. Und hier steht er. Der weisse Ford der das Wohnmobil und uns die nächsten zwei Wochen durch das Land befördert. Ich mag solche Autos. Rein optisch. Ein Kraftpaket, nicht wie meine Karre zuhause die, um auf 100 zu kommen ca. 5 Minuten völlig überdreht beschleunigen muss. Mit diesem Kraftpaket fahren wir nun erstmal auf einen Campinglatz wo unser Zuhause auf Rädern steht und ich krieg den Mund nicht mehr zu. Wofür braucht man so breite Strassen?

Der Campingplatz steht in einem lichten Wald, trockener Boden und Nadelbäume. Es riecht nach Baumharz und Bratwurst. Und ich sehe die ersten Eichhörnchen. Nachdem wir etwas zur Ruhe gekommen sind und uns eingerichtet haben geht’s retour nach Whitehorse um die Bordküche für die nächsten Tage zu füllen.

Zum ersten Mal in meinem Leben betrete ich einen Walmart. Poa. Wie gross der ist. Und was es da alles gibt. Ich muss mir auch was kaufen. Eine Mütze im Camouflage-Muster. So ein bisschen sehe ich nun fast aus wie eine Einheimische. Vor lauter Aufregung hab ich vergessen ein paar Fotos zu machen. Hier gibts echt alles – bis hin zu kompletten Jagdausrüstung. Das kann man sich echt kaum vorstellen.

Zurück auf dem Camping machen wir noch einen Spaziergang und gehen im Hauseigenen Restaurant essen. Draussen. Auf einer Art Terasse. Mitten im Wald. Einfach herrlich.

Donnerstag 10. August, Fahrt zum Tatchun-Lake

Um 6.30 ist Tagwache. Frühstücken und ein etwas längerer Spaziergang den «Wolfs Den» entlang. Der Hund braucht Bewegung. Papa wohl auch. Er hat längere Beine und ist es gewohnt zügig voranzuschreiten. Ich renne fast hinterher. Das kann ja noch lustig werden. Natürlich trage ich meinen vollbepackten Kamerarucksack mit mir was nicht unbedingt der Schnelligkeit förderlich ist.

Aber schön ist es. Zum ersten Mal sehe ich den Charakter der Landschaft. Tief eingegrabene Flüsse, grünes Wasser, ab und zu ein Kanu. Natürlich die Eichhörnchen und Nadelbäume. Endlos eine nach der anderen. Dicht an dicht. In unterschiedlichen Grüntönen runden sie die Landschaft ab.

Danach holen wir das WOMo und fahren über den Klondike Highwayam Fox-River vorbei rund 180 Kilometer rauf bis zu Carmaks. Wir geniessen ein herrliches Mittagessen am «Twin Lake». Sandwiches mit Wasser.

Überall auf diesen öffentlich Plätzen hat es Tische mit Bänken und eine Feuerstelle sowie Holz. Praktisch wenn man auf der Durchreise ist und nur kurz Pause machen möchte. Dannach geht’s weiter. Um über den Yukon zu kommen müssen wir eine Brücke passieren an der gerade gebaut wird. Hätte ich fahren müssen, ich hätte wohl hier schon aufgegeben. Um mit dem Wohnmobil durchzukommen ist wirklich Milimeterarbeit gefragt. Ich staune wie souverän Paps das Gefährt durchfädelt.

 Irgendwo kurz später halten wir nochmals an und holen uns einen Kaffe an einem Kiosk. Der Kaffee schmeckt wässrig aber er ist heiss und tut gut. Wir müssen weiter und fahren irgendwann zimlich langsam die Schotterpiste lang bis zum Tatchun Lake. Hier bleiben wir.

Das Abendessen geniessen wir am knisternden Feuer und braten uns Kartoffeln und Fisch. Schauen den Nachbarn beim Kochen zu und erfreuen uns an den neugierigen Einhörnchen. Ich bin erstaunt wie sauber hier alles ist. Oke auf den öffentlichen Campingplatzen die vom Staat geführt werden und meistens so ca. 12 -20 Dollar pro Nacht kosten gibt es standardmässig nur Plumpsklos. Auch die sind mir ein Foto wert.

Also so süsse kleine Häuschen aus Holz im Wald. Aber auch diese sind sauber, also ziemlich. Der Geruch ist wieder eine andere Sache. Wir hätten ja ein Klo im Camper aber das muss geleert werden, irgendwann. Also wird das nur zur Not benützt. Jeder Stellplatz ist auch hier mit Tisch, Bänken und der Feuerstelle eingerichtet. Auch Holz steht wieder zur Verfügung und ist im Übernachtungspreis inbegriffen.

Als es eindunkelt hören wieder die Loons, die kanadischen Enten die, wenn man es nicht weiss, auch für heulende Wölfe halten könnte. Also als Landei aus der Schweiz.

Freitag, 11. August

Ich schleiche mich um 05.30 aus dem Camper um am See ein paar Fotos zu machen. Es ist saukalt und ich warte vergeblich auf einen schönen und farbigen Sonnenaufgang.

Nachdem der Rest um 09.00 Uhr aufgestanden ist gönnen wir uns ein gemütliches Morgenessen draussen. Wir haben hier kein Wlan, kein Wasser, keinen Strom. Und doch fehlt nichts. Es fühlt sich gut an. Und es kommt mir plötzlich vor, als wäre ich schon ewig hier. Der Platz ist heute sehr ruhig, es hat kaum Gäste, und ich sitze stundenlang auf dem weichen moosbewachsenden Waldboden und freunde mich mit den Eichhörnchen etwas näher an.

Mittags fahren wir zu den Five-Finger Rapids die über eine wahnsinnige lange Treppe zu erreichen resp. zu besichtigen sind. Oberhalb der Treppe am Parkplatz lässt sich ein Ziesel blicken. Das erste andere Tier ausser den Eichhörnchen. Ich freue mich sehr darüber. Bei den Klippen unten geniessen wir den Ausblick und schauen ein paar gewagten Kanuten zu wie sich diese durch die strudelnde Strömung kämpfen. So klein das Boot auf dem riesigen Fluss. Die Fife-Finder Rapids werden so genannt weil sich hier der Yukon um vier riesige Basaltfelsen windet und sich so in fünf Stromschnellen teilt. Die Infoschilder am Aussichtspunkt geben auch noch Angaben über Schiffe die sich früher per Stahlseile und Winden die Stromschnellen hochgearbeitet haben. Viele sind gescheitert und haben alles dabei verloren. Geschichten die eng mit der Landschaft hier verwoben sind und irgendwie nachhallen.

Nun denn, um wieder zu Auto zum kommen müssen wir die Treppe wieder hoch. Ein Kaninchen kreuzt meinen Weg und ich würde hier am liebsten noch etwas bleiben.  Meine drei Mitreisenden sind zwischenzeitlich schon fast oben und meine Raucherlunge gibt alles. Und ich tu so als ob ich die Landschaft von der Treppe aus noch fotografieren würde, zugeben das meine Kondition nicht die allerbeste ist, mag ich gerade nicht. Ich schäme mich etwas.

Wieder unterwegs halten wir an einem Restaurant in Carmacks und geniessen ein leckeres Frappee. Und wir haben hier Wlan. Endlich kann ich meiner Tochter mal ein Lebenszeichen senden. Wie es ihr wohl geht?

Abends wird dann endlich mal das Boot vom Auto gelassen und wir fahren zu dritt auf den See raus. Paps mit der Angelrute, Amarok und ich mit der Kamera. Ich bin mir noch nicht sicher ob das eine gute Idee ist und habe Angst zu kentern. Aber der See ist atemberaubend schön. Umgeben von den üblichen Nadelbäumen. Es vergehen keine 10 Minuten paddeln da hält mein Paps die Angelrute ins Wasser und eh ich mich versehe hängt ein fetter Hecht am Haken. Die folgenden Sekunden haben dann alles gefordert. Amarok mit seinem Gewicht springt auf und bringt das Boot ins schwanken. Ich hingegen schwanke zwischen festhalten und Fotos der grad ablaufenden Szene zu machen. Ich habe mich für das zweite entschieden.

Während der Fisch noch im Boot ausgenommen wird stösst ein Schweizer Pärchen zu uns. Braungebrannt und athletisch. Beide sehen aus als ob sie schon länger unterwegs sind. Dann kommen noch zwei hinzu, ebenfalls Schweizer. Irgendwo muss hier ein Nest sein. Wir unterhalten uns über das Camperleben.

Später gibt’s Pouletschenkel und Kartoffeln vom Grill. Und als Abendprogramm statt Netflix wieder Eichhörnen. Und das Boot wird wieder verstaut auf dem Gestell über der Fahrerkabine. Um 23 Uhr ist es immer noch hell, ich krieche trotzdem in den Schlafsack.

Samstag, 12. August

Nach Ausschlafen bis um 08.00 und Speck mit Eiern vom Grill haben wir uns die Beine auf einem Waldspaziergang vertreten. Fotografiert hab ich aber wieder nur Eichhörnchen.

Zum Zmittag haben wir wieder ein Feuer gemacht. Es geht nichts über das warme Knistern und das gemütliche Zusammensein am Feuer. Später muss ich mich aber unbedingt mal im See waschen, meine Gesichtsfarbe geht irgendwie ins schwarze. Sonne und Wolken wechseln sich heute ab. Wir «plegern» heute rund ums Wohnmobil rum. Paps flickt die Anhängerkupplung und ich stochere wieder mal im Feuer rum. 

Überall fliegen grosse Libellen rum, einige fressen sich gegenseitig, das ist mir neu, ich beobachte solche Insekten auch in der Schweiz aber das hab ich noch nie gesehen.  Der Parkranger kommt und bringt Nachschub an Holz und Toilettenpapier. Ansonsten ist es unglaublich ruhig auf dem Platz. Eine Ruhe die mir oftmals unwirklich erscheint.  Nur die Tannen rauschen im Wind und das Knistern des Feuers untermalt die Stille. 

Sonntag, 13. August, Fahrt Richtung Dawson

Wir stehen früh auf um Richtung Dawson zu fahren und kommen am späten Nachmittag auf dem Campingplatz kurz vor Dawson an. Nach einem guten Kaffee (Paps holte den Kompressor raus um auf der Ladefläche die Kaffemaschine laufen zu lassen, gut dass uns hier keiner kennt, das Ding macht einen Höllenlärm und wir sind nicht die Einzigen  auf dem Campground)  machen wir uns auf zum Klondike-River. Immer wieder hoffe ich, Bären oder sogar einen Wolf zu sehen. 

 

Natur pur. Wir treffen keinen Menschen an, es gibt nirgends Hinweistafeln, Stromleitungen oder rumliegenden Abfall. Solchermassen unberührte Natur ist unfassbar schön. Am liebsten würd ich bleiben und bin fast ein bisschen traurig dass ich ein Leben zuhause habe. Hier gehts mir gut und ich merke wie wichtig Stille für mich ist. 

Später schmeissen wir wieder die Feuerstelle an, heute gibts Kottelet und Kartoffeln. 

Abend um halb zehn !!! fahren wir dann noch nach Dawson City welches am rechten Ufer des Yukon liegt, an der Mündung des Klondike Rivers, rund 240 km südlich des nördlichen Polarkreises. Es ist immer noch fast taghell um diese Uhrzeit. Am Strassenrand sehe ich den ersten Fuchs dieser Reise. Rot, braun, weiss und schwarz glänzt sein Fell, was für eine wunderbare Begegnung. Einige Minuten später sichten wir einen zweiten, komplett schwarz bis auf die weisse Schwanzspitze. Wie gerne wäre ich aus dem Auto ausgestiegen. Es sollten die beiden einzigen Begegnungen mit Füchsen sein auf dieser Reise. 

Die Stadt mit ihren ungeteerten Strassen, den farbigen Gebäuden und Scheinfassaden macht einen Eindruck als würde sie aus einem Wild-West-Film stammen. Nur die grüne Landschaft und das Klima passen nicht dazu. Im Januar herrschen hier im −26,7 °C, das kalte und rauhe Klima hat den Goldgräbern sehr  zu schaffen gemacht. 

Hier noch ein bisschen Geschichte zu dieser wunderschönen schiefen und spannenden Stadt:

Die Siedlung wurde 1896 zu Beginn des legendären Klondike-Goldrausches gegründet. Zu erreichen war Dawson nur über den White-Pass oder den berüchtigten Chilkoot Trail und danach über einen langen und beschwerlichen Weg per Hundeschlitten oder Kanu, später per Schaufelraddampfer auf dem Yukon. 1898 hatte die Einwohnerzahl mit über 40.000 Menschen ihren Höhepunkt erreicht. Schon ein Jahr später lebten nur noch 8.000 Einwohner dort, 1902 nur noch 5.000. (Quelle Wikipedia) 

Wahnsinn was die Goldgräber auf der Suche nach dem gelben Glück auf sich genommen haben und dabei oftmals alles verloren, viele auch ihr Leben. 

Montag, 14.08. Ausflug ins Bonanza-Creek-Tal

Nachdem ich mich früh aus dem Camper geschlichen mache, erkunde ich die Gegend und begegne auf meinem zweistündigen Spaziergang einem Hasen. Der schaut mich etwas komisch an, scheint sich Spaziergänger nicht gewohnt zu sein.  Von Zeit zu Zeit steht eine Tafel am Strassenrand, viele Parzellen scheinen jemandem zu gehören. Durch die Bäume ist hie und da ein Haus zu sehen mit dem obligaten «Entsorgungsproblem». Darauf komme ich später noch zurück. 

Nach dem Frühstück fahren wir in ein romantische Tal hinauf und versuchen unser Glück im kalten Wasser eines Baches. Hier und da scheint was im Wasser zu glitzern, aber ohne Waschpfanne ist uns natürlich kein Glück vergönnt. Macht aber nichts, wir sind froh nicht täglich stundenlang im kalten Wasser zu stehe müssen. 

Wir fahren weiter und plötzlich taucht vor uns eine riesige Maschine auf. Eine sogenannte Dredge. Die Dimensionen dieser altertümlichen Goldwaschmaschine sind schier nicht zu fassen. 

Ich musste 7 Bilder machen und zusammensetzen um die ganze Maschine auf ein Bild zu bekommen. Diese sogenannten Schwimmbagger haben die Landschaft hier radikal verändert. Sie hinterlassen ein regelmässiges Wellenmusste aus riesengrossen und kahlen Steinhaufen. Traurige Überbleibsel der Goldsucher. Auch heute versuchen viele noch ihr Glück in dieser Gegen. Immer wieder sind im Gelände kleine Baracken und Camper zu sehen die von Frühling bis Herbst die Erde mit Bagger und Co umgraben und tiefe Wunden in die wunderschönen Landschaft reissen. Das stimmt mich traurig und nachdenklich.   

Auf dem Heimweg besuchen wir nochmals Dawson um etwas einzukaufen. Ich gönne mir ein Shirt mit einem Wolf drauf, als Erinnerung an diese beeindruckende Stadt mit soviel Geschichte. Im Laden nehme ich mir vor künftig etwas mehr Sport zu treiben, ich nehme es irgendwie persönlich dass mir alle Shirts zu eng sind.